Sonntag, 4. August 2013

Susanna Karawanskij will für DIE LINKE in den Bundestag

Über die Kreisgrenzen hinaus geschaut

http://www.dielinke-sachsen.de/
wahlen/bundestagskandidatinnen/
Managerin in spe

In: Handelsblatt, 29.07.2013

Von: Maike Freund 

Susanna Karawanskij hat die Seiten gewechselt. Erst analysierte sie
Politiker, nun macht sie selber Politik – und will für die Linken in den
Bundestag. Die Wissenschaftlerin hat mehr von einer Managerin als ihr lieb ist.
 


Susanna Karawanskij: Die Politikerin will für die Linken in den Bundestag.

Leipzig Sie zieht die Brauen zusammen und guckt fast ein bisschen entsetzt:
„Managerin? Das hören wir gar nicht gern“, sagt Susanna Karawanskij
<http://www.susanna-karawanskij.de/> . Mit „wir“ meint sie „bei den Linken“.
Wahrscheinlich erinnert das Wort zu sehr an das große Geld, an Kapitalismus,
an den mächtigen Konzern – all jenes, gegen das sich die Partei auflehnt. 

Nein, es liege an dem Einzelkämpfer-Image, das hinter dem Wort Managerin
steckt. Denn so sieht sich Karawanskij nicht: „Ich bin jetzt zwar
Kreisvorsitzende“, sagt sie. Doch davon könne sie sich auch nichts kaufen.
Denn sie weiß: Ohne die Ehrenamtlichen in der Partei würde gar nichts gehen.
Sie sei ein Teamplayer. „Politik ist keine One-Man-Show“, sagt Karawanskij.
Vielleicht hat sie recht. Vielleicht nimmt sie sich auch nur zurück.
 

Denn die 33-jährige Frau im Café Telegraph in Leipzig, die da im schicken
Hemdblusenkleid im Milchkaffee rührt, hat auf den ersten Blick mehr von
einer Managerin, als sie wahrnimmt. Organisieren, strukturieren, planen
gehört zu ihrem Alltag als Fraktionsgeschäftsführerin. Sie sorgt dafür, dass
alles läuft.

Susanna Karawanskij ist die Direktkandidatin des Wahlkreises 151
Nordsachsen. Mit ziemlicher Sicherheit wird sie in den Bundestag einziehen –
vorausgesetzt, die Linken nehmen im September die Fünf-Prozent-Hürde.
Außerdem ist sie noch auf Listenplatz drei. Bei der vergangenen Wahl 2009
fuhr die Partei 11,9 Prozent der Stimmen ein. Auch wenn die aktuellen
Umfragen nicht ganz so rosig aussehen – zurzeit liegt die Partei bei sechs
bis acht Prozent – für den Bundestag wird es für die Roten wohl reichen. Und
damit auch für Susanna Karawanskij.

Von der Wissenschaftlerin zur Politikerin: Karawanskij hat die Seiten
gewechselt. Was sie früher hauptberuflich analysierte, macht sie jetzt
selbst: „Ich habe mich in die Sphäre des Wissenschaftsobjekts begeben“, sagt
sie. Doch die Wissenschaftlerin kann sie trotzdem nicht ganz ablegen: Sie
denkt über jede Frage nach, wägt ab, lässt Argumente anderer gelten und
stellt ihre Aussagen selbst in Frage, indem sie gleich das Gegenargument
mitliefert. Dieses Nachdenkliche steht ihr gut, denn es überzeugt.
 

Die Maus, die Hysterische – das Stereotyp-Denken kennt sie

Sie weiß, dass sie manchmal noch wie eine Dozentin klingt. Trotzdem hat sie
sich geändert: Früher, da untersuchte sie die Neonaziszene in Deutschland
wissenschaftlich. Nun sitzen in ihrem Kreistag vier Mitglieder der NPD. „Ich
muss nicht betonen, dass ich Nazis scheiße finde“, sagt sie. Doch nun müsse
sie die Reden in der Praxis ertragen und auf sie reagieren, anstatt sie aus
der Distanz vom Schreibtisch aus zu untersuchen.

Dass sie nun beruflich Politikerin ist, sei zwar eine bewusste Entscheidung
gewesen, sagt die Politik- und Kulturwissenschaftlerin. Doch „ich hätte mir
auch vorstellen können, zu promovieren, an der Uni zu bleiben, eine
wissenschaftliche Karriere zu machen“, sagt sie. Aber diese Laufbahn war ihr
zu ungewiss. Wenig Geld, kein sicherer Job, nicht zu wissen, was nächstes
Semester ist. Das war nicht das, was sie wollte. Und als Frau hätte man es
im Wissenschaftsbetrieb auch nicht leicht gehabt.

„In der Partei ist das anders, denn es gibt eine interne Frauenquote“, sagt
Karawanskij. 50 Prozent aller Gremien würden mit Frauen besetzt. Für Frauen
sei es auch deshalb leichter, weil bei den Linken Frauenmangel herrsche,
sagt sie. Dass es diese Quote gibt, findet sie gut: „Solange es
patriarchalische Strukturen in unserer Gesellschaft gibt, ist sie ein gutes
Instrument.“ Frauenquote hin oder her: Das Stereotypen-Denken – die junge
Frau, die Maus, die Hysterische – erlebte sie auch im Parteiumfeld. „Doch je
mehr eine neue Generation nachrückt, desto mehr gibt es gegenseitige
Anerkennung – unabhängig vom Geschlecht.“

Karawanskij ist der Nachwuchs bei der Linken, die die Partei bitter nötig
hat. Denn die Roten drohen längst zu vergreisen. Mit 60 Jahren ist das
Durchschnittsalter in der Partei am höchsten und liegt damit noch knapp über
dem der Union. Menschen mit Hochschulabschluss und ohne Konfession, Männer
und Ältere sind bei der Linken deutlich mehr vertreten als in der
Gesamtbevölkerung, zeigt eine Untersuchung
<http://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in-deutschland/42145/zusamme
nsetzung-die-linke> . Das Alter der Mitglieder ist einer der Gründe, weshalb
die Partei zu kämpfen hat. Nur noch knapp 64.000 Mitglieder zählt die
Partei. Tendenz fallend. Und nun kommt da eine junge Frau her, die so gar
nicht in die Statistik passen will.
 

Und tatsächlich ist es Zufall, dass Karawanskij in der Partei landete.
Während ihres Studiums der Politik- und Kulturwissenschaften in Leipzig
brauchte sie einen Praktikumsplatz. Und landete bei LinXXnet
<http://www.linke-bueros.de/index.php?mod=index&redID=1> . „Mit den Linken
habe ich das nicht in Verbindung gebracht“, sagt sie. Und doch war sie schon
mitten drin im Politikbetrieb.

„Die SPD lag mir genauso nahe“

Denn LinXXnet ist ein offenes Abgeordnetenbüro in der Leipziger Südvorstadt,
indem sich mehrere linke Abgeordnete vom Landtag, Bundestag und
Europaparlament zusammengetan haben. Dort lernte Karawanskij die
Zusammenhänge zwischen Partei, Gremien und Parlament. Aber auch, wie Politik
im Kleinen funktioniert. Was sie am meisten begeisterte: Die offene Art und
das echte Interesse an ihrer Person, so empfand sie es. Einer der
Höhepunkte: Als sie ihr Strategiepapier zu Spätaussiedlern im Landesvorstand
vorstellen durfte. „Das hat gefetzt“, sagt sie. Trotz Begeisterung: Für
einen Parteieintritt reichte es nicht.

„Die SPD lag mir genauso nahe“, sagt sie. „Aber die Enttäuschung über
Schröder und darüber, was seine Hartz-IV-Reform mit den Menschen macht, war
zu groß.“ Das Thema scheint sie zu bewegen, denn ihre abwägende Art ist
plötzlich fast verschwunden – und die Linken-Politikerin sehr präsent.
Karawanskij: „Nur weil es dem Dax gutgeht, geht es noch lange nicht allen
anderen gut.“ Ihre Hände machen eine Bewegung, als würden sie das gerade
Gesagte unterstreichen.

Es ist das große Thema, das sie antreibt: Gerechtigkeit. Den Spruch, man
müsse nur fleißig sein, damit alles gut würde, hat sie schon immer wütend
gemacht. Es sei nicht gerecht, dass manche Menschen nicht genug für gesunde
Ernährung hätten. Dass es viele Menschen gebe, die bei Amazon (eines der
Logistikzentren des Unternehmens liegt in ihrem Wahlkreis) und Co noch nicht
einmal einen Mindestlohn bekämen. Dass Menschen, die sich im Ehrenamt
engagieren, keine Anerkennung im Alter dafür bekämen, weil ihre Arbeit als
wirtschaftlicher Faktor nicht zählte. Deshalb ist Karawanskij auch für eine
Mindestrente in Höhe von 1.050 Euro – eine der Forderungen der Linken.

„Politik ist mir nicht in die Wiege gelegt“, sagt sie, denn ihr Elternhaus
sei nicht politisch gewesen. Doch als sie sich entschied, hauptberuflich
Politikerin zu sein und Fraktionsgeschäftsführerin des Kreises Nordsachsen
wurde, trat sie in die Partei ein. Da war für sie klar: Jetzt wird es ernst.


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